Ehe für alle: Ist Deutschland ein Entwicklungsland?

von Sina Rühland


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Braunschweig. Die irische Bevölkerung hat sich entschieden – noch in diesem Jahr soll voraussichtlich die Ehe, unabhängig der sexuellen Orientierung, für alle geöffnet werden. Mittlerweile wächst auch der Druck auf die deutsche Bundesregierung weiter, die Ehe für hetero- und homosexuelle Paare einzuführen.

Irland ist bei weitem nicht das erste Land, das die Eheschließung auch für gleichgeschlechtliche Partner beschlossen hat. In weltweit 18 Staaten gilt derzeit das Recht auf gleichgeschlechtliche Eheschließung. Ein Novum stellt jedoch der Entscheid per Referendum dar; Irland ist mit der Volksabstimmung ein demokratischer Meilenstein in der Gleichstellung gelungen. Auch in Deutschland ist die Forderung nach einer Eheöffnung laut geworden. So fordern Politik und Gesellschaft in großen Teilen ebenso das Recht auf Ehe für alle. Das Kabinett hat derweil einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Homosexuellen zwar mehr, aber dennoch nicht alle Rechte einräumt. Bislang erlaubt das deutsche Recht lediglich die eingetragene Lebenspartnerschaft. Entgegen einer Öffnung der Zivilehe wirken bislang CDU/CSU. "Eine Niederlage für die Menschheit“ nannte der Vatikan-Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin das Ergebnis des irischen Votums in der vergangenen Woche.

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Anton Umland appelliert an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Foto: Sina Rühland



Dass man die katholische Kirche keineswegs als Niederlage für die Menschheit bezeichnen würde, sagt das Vorstandsmitglied des Braunschweiger Vereins für sexuelle Emanzipation (VSE) Anton Umland. "Diese Aussage ist wirklich traurig. Jedoch hat das erzkatholische Irland ja gezeigt, dass diese Meinung nicht Konsens ist.“ Der 29-Jährige freut sich über den positiven Volksentscheid der Iren. "Wir vom VSE freuen uns besonders, weil die Menschen entschieden haben und nicht das Gericht. Genau diesen Weg würden wir uns in Deutschland auch wünschen.“ Deutschland sei bei weitem noch nicht so weit, wie andere Staaten. "Bisher sträubt sich die Bundesregierung noch mit aller Kraft, das sieht man unter anderem an dem novellierten Gesetzesentwurf.“ Die Bezeichnung "Homo-Ehe light“ würde es ganz gut treffen. "Ich befürchte, dass Deutschland, was die Gleichstellung angeht, ein Entwicklungsland wird“, sagt Umland. Die Forderungen des Christopher Street Day (CSD) Nord beinhalten die Ehe für alle. Somit solle zum Ausdruck gebracht werden, dass für lesbische Bürgerinnen und schwule Bürger real wie symbolisch kein minderes Recht gelten dürfe. Die eingetragene Lebenspartnerschaft sei eine Übergangsregelung von der Rechtslosigkeit bis zur vollständigen Gleichstellung. Nun müsse die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) folgen.

"Ich finde die Haltung der SPD besonders enttäuschend. Entgegen ihrer Äußerungen setzen sie sich nicht mehr genügend für die Eheöffnung ein“, sagt Umland. Er sehe wenig Chancen, dass in dieser Legislaturperiode noch etwas passiere. "Vermutlich wird der umständlichere Weg der der Gleichstellung gewählt. Das heißt, dass die Paragrafen, die über die eingetragenen Lebenspartnerschaft verfügen, allmählich novelliert werden." Aber auch dann hätte man noch zwei Konstrukte, sagt er. "Gerne würde ich Frau Merkel daran erinnern, dass die Ehe schon immer gewissen Veränderungen unterlegen war. Schließlich durfte sie auch frei entscheiden, mit wem sie die Ehe eingehen wollte.“


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