"Ich glaube, ich habe meine Rolle gefunden"

von Jan Borner


Vera Steiner ist seit mittlerweile fast einem Jahr kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtwerke Wolfenbüttel. Foto: Jan Borner
Vera Steiner ist seit mittlerweile fast einem Jahr kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtwerke Wolfenbüttel. Foto: Jan Borner | Foto: Jan Borner



Wolfenbüttel. Seit mittlerweile fast einem Jahr haben die Stadtwerke Wolfenbüttel eine neue kaufmännische Geschäftsführerin. Vera Steiner, die für ihren neuen Posten in der Lessingstadt aus dem Schwabenland hergezogen ist, sagt nun von sich selbst: "Ich fühle mich sauwohl hier." Die Diplom-Kauffrau mit einer Vorliebe für sprechende Vögel erklärt im Gespräch mit regionalHeute.de, dass sie dankbar dafür ist, dass sie eine neue Stadt kennen lernen darf.

„Jeder hier sagt, man kann es hören, dass ich aus Württemberg komme. Dabei dachte ich eigentlich immer, dass ich einigermaßen Hochdeutsch spreche", sagt Vera Steiner mit einem Schmunzeln im Gesicht. Im März 2015 hat sie die kaufmännische Führung bei den Wolfenbütteler Stadtwerken übernommen und bildet seitdem zusammen mit dem technischen Betriebsleiter Matthias Tramp eine Doppelspitze. Als sie ankam, war der gebürtigen Schwäbin zunächst einmal wichtig, einen genauen Einblick in die verschiedenen Abteilungen des Hauses zu bekommen. Schließlich gehöre es sich nicht, schon direkt nach der Ankunft einfach alles umzukrempeln, erklärt sie. Stattdessen habe sie zusammen mit Matthias Tramp erst einmal jedes Büro im Haus um eine Präsentation gebeten. Jede Abteilung habe so erst einmal ihre Aufgaben vorgestellt, erklärt womit sie sich gerade beschäftigt und wo Probleme und Verbesserungsbedarf bestehen, "frei weg von der Leber", wie Vera Steiner sagt. Das habe ihr bei dem Einstieg in das Wolfenbütteler Unternehmen sehr geholfen, erklärt sie.

„Ich habe mich hochgearbeitet“


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Vera Steiner in ihrem Büro. Foto: Jan Borner



Als neue kaufmännische Geschäftsführerin der Wolfenbütteler Stadtwerke hat Vera Steiner einen langen Weg hinter sich - nicht nur auf der Karriereleiter, sondern auch rein geographisch. Geboren wurde sie nämlich in der schwäbischen Kleinstadt Schorndorf, östlich von Stuttgart. Mit einem Leben umgeben von Fachwerk ist die Diplom-Kauffrau also schon seit Kindheit vertraut. Aber auch die Arbeit bei einem Energie- und Wasserversorger ist für Vera Steiner kein neuer Schuh. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin in Ludwigsburg fing sie nämlich auch bald bei den Stadtwerken Schorndorf an. Gestartet als Stabsstelle für Vertrieb und Marketing habe sie mit der Zeit immer mehr Aufgaben bekommen, wurde Abteilungsleiterin vom Finanz- und Rechnungswesen, dann Abteilungsleiterin im Kundencenter und schließlich kaufmännische Prokuristin mit einem vielfältigen Aufgabengebiet. „Ich habe mich hochgearbeitet“, erklärt Vera Steiner, und das sei gerade im Umgang mit dem Personal ein wichtiger Punkt. „Ich bin nicht abgehoben, ich komme von der Basis“, betont sie. Das nehme den Mitarbeitern schnell die Scheu, mit der Geschäftsführerin zu reden, wenn es Probleme gibt, weil man sich auf Augenhöhe unterhalten könne, wie Vera Steiner betont.

Wenn 'Sportschau' oder 'Formel 1' im Fernsehen lief...


Die Zeit der Prüfungen und des Lernens war für Vera Steiner aber auch während der Zeit in den Schorndorfer Stadtwerken noch nicht abgeschlossen. Um ihrem Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin noch ein zweites Standbein hinzuzufügen hat sie sich nämlich entschieden, noch ein BWL-Studium zu starten - berufsbegleitend. "Das war heavy" erinnert sie sich. Ohne die Unterstützung von ihrem Mann, der ihr stets den Rücken frei halte, wäre das auch nicht gegangen, betont sie. "Er ist Hausmann", erklärt sie, "wir haben damals die Entscheidung getroffen, wer von uns beiden Karriere macht". So sei es für sie damals auch möglich gewesen, sich nach der Arbeit noch an die Bücher zu setzen und für ihren zweiten Abschluss zu pauken. „Ich war damals immer dankbar wenn 'Sportschau' oder 'Formel 1' im Fernsehen lief", erinnert sich Vera Steiner schmunzelnd. "Dann habe ich mich verabschiedet von meinem Mann und gesagt, 'Ich geh dann mal lernen.'"

"Ich wollte einfach mehr"


Wie aber kam der Sprung von Schorndorf bis in die Lessingstadt? Nach sechs Jahren als Prokuristin und als Nummer zwei im Unternehmen, hat Vera Steiner den Drang nach mehr gespürt. "Entweder man ist satt und lehnt sich entspannt zurück und denkt: 'Das wars dann jetzt'", so die Diplom-Kauffrau, oder aber man wagt etwas Neues. Zum Zurücklegen fühlte sich Vera Steiner aber noch zu jung. Da es in den Schorndorfer Stadtwerken keine Luft mehr nach oben gegeben habe, hat sie sich mit 48 Jahren dafür entschieden, etwas Neues zu suchen. "Da war so der Punkt, wo ich mich fragte, gebe ich mich jetzt zufrieden, oder will ich mehr? Und ich wollte einfach mehr", erklärt sie.

Ein ganzer Schwarm als Wecker


Ganz alleine sind Vera Steiner und ihr Mann allerdings nicht in ihre neue Heimat gezogen. Mitgenommen haben sie nämlich ihre neun Haustiere - drei Hennen, fünf Hähne und ein Küken - ein kleiner Wellensittich-Schwarm. Darunter sind aber tatsächlich auch schon zwei gebürtige Wolfenbütteler: Max und Moritz, die vor gut einem Monat erst geschlüpft sind, berichtet Vera Steiner stolz. Um das Füttern und Putzen kümmere sich ihr Mann, sagt sie lächelnd, dafür übernehme sie aber regelmäßig das Schmusen. Einen Wecker brauche sie dank ihrer gefiederten Mitbewohner übrigens auch nicht, schließlich würden die Vögel von morgens bis abends ihren Schnabel nicht still halten können. Wenn die Sonne aufgeht, wird man so also automatisch schon mit geweckt.

"Es war ein Risiko..."


"Ich bin dankbar, dass ich eine neue Stadt kennen lernen durfte, ein neues Rathaus und ein neues Stadtwerk", so Vera Steiner. Es sei anders als in ihrer alten Heimat und das sei gut. „Ich finde es so genial, dass ich auch nochmal etwas anderes erleben darf“, sagt sie, "das ist ein anderes Empfinden und Erleben hier, als da, wo ich herkomme". "Ich bin sehr gut hier aufgenommen worden und ich bin froh, wirklich froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin. Ich glaube, ich habe meine Rolle gefunden. Ich fühle mich sauwohl, ich kann es nicht anders formulieren." Natürlich hätten sie und ihr Mann viel in ihrer alten Heimat aufgegeben, erklärt Vera Steiner, das Haus, die Nachbarschaft, die alten Freunde. "Es war ein Risiko, aber das war es wert".


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