Leserbrief: Verdient das Till Eulenspiegel-Museum das Gütesiegel?


Symbolfoto: Jan Borner
Symbolfoto: Jan Borner



Schöppenstedt. Das Till Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt hat kürzlich das Museums-Gütesiegel des Museumsverbandes für Niedersachsen und Bremen erhalten (regionalHeute.de berichtete). Als Reaktion auf diese Auszeichnung erreichte unsere Redaktion ein Brief von Jürgen Kumlehn an das Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Hierin schreibt Jürgen Kumlehn unter anderem, dass das Till Eulenspiegel-Museum, die nationalsozialistische Vergangenheit der Eulenspiegel-Figur bewusst unterdrücke. Der Brief soll an dieser Stelle ungekürzt und unkommentiert veröffentlicht werden:
Sehr geehrte Frau Hoops,

der Online-Zeitung "RegionalWolfenbüttel" und der Wolfenbütteler Zeitung entnehme ich heute, dass Sie dem Eulenspiegel-Museum ein bis 2022 reichendes Gütesiegel überreicht haben. Als Eulenspiegel-Freund und Mitglied des Freundeskreises Till Eulenspiegels könnte ich mich über diese Auszeichnung freuen. Doch leider ist mir das nicht möglich, im Gegenteil. Dieses Museum hat eine von mir erforschte nationalsozialistische Vergangenheit. Die Eulenspiegel-Figur ist von den Nationalsozialisten missbraucht worden. Auch diese Thematik ist von mir erforscht worden. Seit 2000 liegt ein umfangreiches Manuskript darüber vor. Ich habe in mehreren Städten diesbezügliche Vorträge gehalten, z.B. in den Eulenspiegelstädten Hannover, Bernburg, Mölln und Wolfenbüttel. Vom Eulenspiegelmuseum in Schöppenstedt bin ich bisher nicht eingeladen worden. Der Grund liegt darin, dass die Museumsleitung diese Thematik unterdrückt und boykottiert. Darum auch ist es mir bisher nicht möglich gewesen, diese Thematik zu publizieren. Aus meiner Sicht als „Erinnerer“ kann ich es nicht akzeptieren, dass ein Museum, das die nationalsozialistische Vergangenheit bewusst unterdrückt, mit einem Gütesiegel belohnt wird. Das passt doch nun überhaupt nicht in diese Zeit hinein.

Dieses Verhalten widerspricht auch einem Punkt Ihrer Kriterien zur Verleihung des Siegels. Darin heißt es z.B. unter dem Punkt "Dokumentieren und Forschen": "Das Museum forscht aktiv (...)und hinterfragt in angemessenen Abständen die Geschichte und den Kontext seiner Sammlungslücke."

Zum Punkt ehrenamtliche Tätigkeit in dem Kriterienkatalog möchte ich anmerken, dass der seit 1950 bestehende Freundeskreis des Museums auf der Website des Museums gar nicht erst aufgeführt ist. Im Protokoll des Freundeskreises vom 21.9.2013 heißt es dazu zum Beispiel, die Museumsleiterin habe dem Freundeskreis-Vorsitzenden mitgeteilt, dass der Freundeskreis im Internet-Auftritt-Museum-aufgrund mangelnder Kapazität nicht zusätzlich aufgeführt werden könne. Schaut man sich die Geschichte des Freundeskreises und seine Bedeutung für die Existenz des Museums an - besonders seit der 1970er Jahre -, ist diese Äußerung eine tiefe Demütigung der Arbeit des Vereins. Mit Demütigungen dieser Art ist der Freundeskreis in den letzten 20 Jahre inzwischen beinahe "degeneriert".

In der Anlage finden Sie zu dieser Boykottierung einen "Offenen Brief" (November 2013) an den ehrenamtlichen Berater des Museums, Herrn Professor Schwarz, aus dem Sie weitere Details übernehmen können. Selbstverständlich bin ich gern zu einem Gespräch bereit. (siehe auch: http://www.ns-spurensuche.de/)

Dass dieses Gütesiegel verliehen worden ist, ist anscheinend nur aufgrund einer einseitigen Darstellung durch das Museum erfolgt. Wird das Gütesiegel vergeben ohne einen kritischen Blick auf das jeweilige Museum zu richten?

Ich bitte Sie, diesen kritischen Blick (auch zu anderen Punkten) nun nachträglich auszuführen und zu überprüfen, ob das Museum das Gütesiegel danach noch verdient.

Vielen Dank für Ihre Bemühungen
Freundliche Grüße,

Jürgen Kumlehn


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