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Markurth verteidigt Kindergarten-Entgelte

von Robert Braumann




Braunschweig. Oberbürgermeister Ulrich Markurth hat am Montag in einem Pressegespräch die geplante Wiedereinführung der Kindergarten-Entgelten verteidigt. Ohne die Beiträge müssten gesetzlich nicht geforderte, freiwillige Leistungen für Kinder und Jugendliche auf den Prüfstand und reduziert werden.

Er hob zudem hervor, dass es keineswegs nur darum ginge, den Haushalt mit den Geldern zu konsolidieren, ein Drittel soll dazu genutzt werden die Betreuungsqualität weiter zu verbessern und Menschen mit geringeren Einkommen zu entlasten. Geplant seien der Ausbau von Familienzentren, Kindertagesstätten, die Verbesserung der Betreuungsqualität, Ausweitungen der Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen und Verbesserungen der Raumprogramme. „Sollen die Eltern die VW-Krise finanzieren? Diese Aussage ist weder Falsch noch Richtig. Wir haben ein Einnahmeloch, durch die VW-Krise und die Flüchtlingskrise und es muss etwas getan werden“, so der Oberbürgermeister. Er wies darauf hin, dass auch bei einer Wiedereinführung der Entgelte für den Kindergartenbesuch die Kosten überwiegend aus den Einnahmen der Stadt durch Steuern, Einkommensteueranteil, Zuweisungen des Landes etc. gedeckt werden: Knapp ein Fünftel (19 Prozent) des Aufwandes von rund 67,5 Millionen Euro, der für die Kindertagesbetreuung in diesem Jahr angesetzt sind, würden durch Entgelte gedeckt.

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Dr. Andrea Hanke, Ulrich Markurth und Norbert Winkler, Leiter Jugendamt Braunschweig, auf der Pressekonferenz (von links). Foto: Robert Braumann



Bislang lag der Anteil bei 15,2 Prozent. Dabei sei die Einführung der Kindergarten-Entgelte nicht die einzige Stellschraube, im Haushaltsentwurf würde es eine Vielzahl von Maßnahmen geben. „Wir werden Kredite aufnehmen müssen, um investieren zu können. Werden städtische Aufgaben kürzen, alle Bereiche beteiligt, um die Einahmen zu steigern. Dazu kommt eben auch die Erhöhung der Grundsteuer und die Wiedereinführung der Kita-Entgelte.“ (Anmerkung der Redaktion: Hier war kurzfristig auch von einer Erhöhung der Gewerbesteuer zu lesen, dies war ein Fehler von unserer Seite, den wir im Text korrigiert haben).

Markurth sieht wenig Alternativen


Er erinnerte daran, dass die Einführung des entgeltfreien Kindergartenbesuchs 2011 in Braunschweig an eine entsprechend gute Haushaltslage geknüpft war. „Die Entgeltfreiheit war möglich in Zeiten guter Steuereinnahmen, aber auch mein Vorgänger hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie in Zeiten einbrechender Einnahmen nicht aufrechterhalten werden kann, so zum Beispiel in einer Pressemitteilung vom 17. Juni 2013: „Angesichts der schlechteren Konjunktur- und Steuerlage können wir alleine die Entgeltfreiheit ohnehin ab nächstem Jahr nicht mehr tragen.“ Man habe 2011 gehofft, dass das Land die Kosten in naher Zukunft übernehmen würde und andere Kommunen nachziehen würden, dies sei nicht passiert. Einzig in Salzgitter werde die Betreuung in der Region weiterhin kostenlos angeboten.

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Eine Tabelle gibt eine grobe Übersicht zu den neuen Entgelten. Grafik: Stadt Braunschweig Foto:



Seit dem Jahr 2011 sei die Lage sehr viel ernster geworden. „Wer in dieser Situation weiter keine Kindergarten-Entgelte will, der muss auch so konsequent und ehrlich sein und sagen: Dann müssen wir eben Leistungen im Bereich Kinder, Jugend und Familie kürzen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben oder nicht in dem Umfang gesetzlich vorgeschrieben sind, in dem die Stadt Braunschweig sie anbietet.“ Für solche freiwilligen Leistungen wendet die Stadt bisher im Jahr rund 27,6 Millionen Euro auf. Beliebte Ferienangebote wie Ferien innerhalb und außerhalb Braunschweigs („FiBS“ und „FaBS“, zusammen rund 446.000 Euro) sind darunter,  Zuschüsse für Jugendverbände und –gruppen (rund 923.000), insbesondere aber auch die Kosten für die zwölf städtischen Jugendzentren und die Zuschüsse für die weiteren 20 freier Träger (über 5,8 Millionen Euro) oder die Schulkindbetreuung in Schulen, Offenen Ganztagsschulen oder in Horten (insgesamt rund 11,9 Millionen Euro). Markurth: „Hier müssten wir entweder auf einzelne Angebote ganz verzichten oder pauschal kürzen. Das muss wissen, wer gegen Kindergarten-Entgelte ist. Auch freiwillige Leistungen sind notwendige Leistungen. Die Menschen erwarten zu Recht, dass eine Stadt wie Braunschweig sie anbietet. Niemand möchte hier gravierende Einschnitte oder gar die Streichung kompletter Angebote.“

Allgemeine Anpassungen vorgesehen


Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke ergänzte: „Wir wollen  die Lasten gerecht verteilen.“ So soll die Einkommensgrenze der Entgeltfreiheit von 14.350 auf 14.999 Euro heraufgesetzt werden. Entgeltpflichtige Eltern aus unteren Einkommensgruppen müssten nach der neuen Tabelle weniger zahlen als nach der alten bis 2010. Die Geschwisterermäßigung bleibt erhalten. Markurth: „In diesem Zusammenhang davon zu reden, unser Vorschlag drohe Familien in Armut zu stürzen, ist Unfug.“ Man läge zum Bespiel bei den Krippengebühren bisher weitaus höher, als andere Kommunen, durch eine allgemeine Anpassung, auch bei den Kosten für die Schulkindbetreuung, würde viele Eltern auf Gesamtsicht nicht wirklich höher belastet werden. Dr. Hanke wies schließlich darauf hin, dass die Unterscheidung der Entgelte für Hortbetreuung (einkommensabhängige Staffelung), Schulkindbetreuungsgruppen (ebenfalls einkommensabhängige Entgelte) sowie offene Ganztagsbetreuung künftig zugunsten einer einheitlichen Regelung analog zur offenen Ganztagsbetreuung entfallen: bis zwei Stunden kostenlos, bis drei Stunden 15 Euro, bis vier Stunden 30 Euro im Monat. Im Resultat sieht sie eine erhebliche Reduzierung der Entgelte, auch wenn es in diesem Bereich keine Geschwisterermäßigung (wie bislang bei den einkommensabhängigen Bereichen) mehr gibt.

Diskussion ist offen


Oberbürgermeister Ulrich Markurth sagte abschließend: „Die Entgeltstaffel, wie wir sie vorschlagen, ist nicht in Stein gemeißelt. Konstruktive Vorschläge zur Frage von Höchstgrenzen und Übergangsregelungen nehmen wir gern auf. Die entsprechende Diskussion hat ja schon begonnen. Einen kompletten Verzicht auf Kindergartenentgelte können wir uns aber, wollen wir eine solide Haushaltspolitik machen, nicht leisten.“ Er ergänzte: "Wir leben nun einmal in einer Solidargemeinschaft und es kann sein, dass einige sich durch die Kosten keinen Drittwagen oder einen vierten Urlaub im Jahr leisten können." Ob Bildung generell kostenfrei sein müsse, das wäre eine andere Diskussion. "Wir müssen feststellen, dass das Land momentan nicht mehr Gelder für die Bildung heraus gibt und damit als Kommune arbeiten."


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