Studie zeigt "Verlierer-Generation" beim Wohneigentum


Die Braunschweiger Wohneigentumsquote liegt 13 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt. Foto: Archiv
Die Braunschweiger Wohneigentumsquote liegt 13 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt. Foto: Archiv | Foto: Sina Rühland

Braunschweig. Die Wohneigentumsquote liegt in Braunschweig bei rund 32 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Regional-Untersuchung zum Wohneigentum hervor, die das Pestel-Institut in Hannover durchgeführt hat.


In Braunschweig gibt es rund 42.800 Wohnungen, für die keine Miete bezahlt werden muss. Denn ihre Eigentümer nutzen sie selbst. Nach Untersuchungen der Pestel-Instituts in Hannover liegt die Wohneigentumsquote in Braunschweig damit bei rund 32 Prozent. Zum Vergleich: Im bundesweiten Durchschnitt liegt die Eigentumsquote bei knapp 45 Prozent. Damit sei Deutschland weit weg von einem „Wohneigentümer-Land“ und lande im Europa-Vergleich lediglich auf dem drittletzten Platz.

Wohneigentum mit Luft nach oben


Auch vor diesem Hintergrund sieht das Pestel-Institut beim Wohneigentum in Braunschweig „noch Luft nach oben“. Denn es gebe eine neue „Verlierer-Generation“: „Insbesondere die 25- bis 40-Jährigen können sich immer seltener ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung leisten. Immer mehr von ihnen sind gezwungen, zur Miete zu wohnen. Dabei gehören gerade die Jobstarter und Familiengründer eigentlich zur typischen Klientel für Wohnungskauf und Hausbau“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Immerhin handele es sich bei den Mittzwanzigern bis Enddreißigern um eine starke Bevölkerungsgruppe: Rund 58.000 Menschen dieser Altersgruppe leben in Braunschweig. Ihre Chance auf Wohneigentum ist stark gesunken: „Bei den 25- bis 40-Jährigen ist die Eigentumsquote innerhalb von zwölf Jahren um 9,8 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Er beruft sich dabei auf Zahlen aus dem neuesten Mikrozensus.

Unsichere berufliche Perspektive


„Die eigenen vier Wände rangieren bei vielen zwar ganz oben auf der Wunschliste. Aber es hapert oft an guten Bedingungen für eine solide Finanzierung. Daran ist auch eine unsichere berufliche Perspektive schuld: Häufig werden gerade jungen Menschen nur Zeitverträge angeboten. Für einen Immobilienkredit wären allerdings unbefristete Jobs notwendig. Vor allem aber fehlt eine staatliche Unterstützung für Wohneigentum, das die Menschen anschließend für sich selbst nutzen“, so Institutsleiter Matthias Günther. Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage sei die letzte Förderung von Wohneigentum in Deutschland faktisch eingestellt worden. Und das schon vor elf Jahren.

Wohneigentum als Baustein der Altersvorsorge


Diese lange Phase der „staatlichen Eigenheim-Bremse“ räche sich nun: „Wohneigentum ist nämlich ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Und die kommt bei vielen jetzt zu kurz. Immerhin ist die eigene Wohnung die einzige Alterssicherung, die – unabhängig von jeder Schwankung bei der Rentenhöhe – im Alter verlässlich genutzt werden kann“, so Günther. Deutsche Immobilien ließen bei ihrer Qualität und Langlebigkeit keine großen Reparaturen erwarten. Jedenfalls dann nicht, wenn vor der Rente noch einmal alles in Schuss gebracht werde. Rentner müssten sich deshalb um ihre eigene Wohnung auch nicht groß kümmern. „Sie haben damit für die gesamte Phase ihres Ruhestands die Sicherheit eines dauerhaften ‚Daches über dem Kopf‘ – ohne Angst vor einer Mieterhöhung oder Kündigung“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts. Der Stellenwert, den die eigenen vier Wände im Alter hätten, ließe sich auch daran erkennen, dass es derzeit bei den Senioren, die auf staatliche Grundsicherung im Alter („Alters-Hartz-IV“) angewiesen seien, kaum Wohnungseigentümer gebe.

Appell an die Bundestagsabgeordneten


Genau das ist für die Initiative „Wohn-Perspektive Eigentum“ ein entscheidender Grund, Bund und Länder zu einer „politischen Kehrtwende pro Wohneigentum“ aufzufordern. Die Initiative, die das Pestel-Institut mit der Regional-Untersuchung beauftragt hat, appelliert an die heimischen Bundestagsabgeordneten, den Wunsch der Bevölkerung nach Wohneigentum ernst zu nehmen. Dies gelte insbesondere auch für die Kandidaten, die in Braunschweig zur nächsten Bundestagswahl antreten. Sie sollen sich – auch innerhalb ihrer Parteien – für eine neue und wirksame Förderung von Wohneigentum starkmachen, so die Initiative. Das gelte für den Kauf einer Eigentumswohnung genauso wie für den Bau eines Reihen- oder Einfamilienhauses. Wer sich in Braunschweig mit welchem Einkommen welche Immobilie leisten kann – dazu kündigte die Initiative einen „Vor-Ort-Kauf-Check“ für Juni an.

Zuschüsse erforderlich


Zur Initiative „Wohn-Perspektive Eigentum“ haben sich unter anderen der beim Hausbau und Wohnungskauf beratende Verband privater Bauherren (VPB), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen. Gemeinsam sprechen sie sich für neue Rahmenbedingungen beim Erwerb von Eigentum aus. Dazu gehöre insbesondere auch eine intensivere und eigenständige Wohneigentums-Förderung durch die staatliche KfW-Bank. Hier seien Zuschüsse erforderlich. Ebenso wie eine langfristige Zinsgarantie. Hierdurch sollen private Bauherren mehr Sicherheit beim Tilgen ihres Immobilienkredits bekommen – bis dieser endgültig abbezahlt ist. Darüber hinaus solle die von den Ländern festgesetzte Grunderwerbsteuer auf ein möglichst niedriges, bundesweit einheitliches Niveau gesenkt werden. Gleichzeitig müsse es Freibeträge für Menschen geben, die in eine selbstgenutzte Wohnung investierten. Und um Bauland möglichst günstig anbieten zu können, sei es notwendig, öffentliche Grundstücksreserven zu mobilisieren – allerdings ohne diese dabei nach dem Höchstpreisverfahren zu vergeben.


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