Verliert der Landkreis seine Kletterattraktion?

von Max Förster


Gipfelidylle. Fotos: privat
Gipfelidylle. Fotos: privat | Foto: privat



Region. Erst kamen Verbotsschilder und nun wurden jüngst die Sicherungshaken beschädigt. An den Bodensteiner Klippen im Landkreis Wolfenbüttel scheint sich ein Kletterkonflikt zu verschärfen.

Das vom Landkreis Wolfenbüttel Anfang Juni beschlossene Kletterverbot geht auf einen Antrag seitens des Waldeigentümers Bernward Richert zurück, der das Klettern auf seinem Grundstück verbieten möchte. Dieser wolle verhindern, dass der Wald als Erholungsgebiet Schaden nähme und versuche die Besucher des Waldes davor zu bewahren, dass diese beispielsweise von herunterfallenden Felsstücken oder Sicherungshaken verletzt würden.

Position des Landkreises


Der Landkreis Wolfenbüttel sieht die im Antrag angesprochenen Punkte als gerechtfertigt an und argumentiert in einem Bescheid vom 11.02.2015 wie folgt:

Laut Nummer 5.2 der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) vom 02.01.2013 soll das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken dienen und gemeinverträglich sein. Unzumutbar wäre in diesem Fall, wenn wild lebende Tiere und Pflanzen oder aber auch der Grundbesitzer geschädigt, gefährdet oder erheblich belästigt wird. Der Landkreis ist der Meinung, dass dies auf das Klettern zutreffen könne.

Des Weiteren hält der Landkreis die Gefahr für Leib und Leben und zur Brandgefährdung durch die Kletterer für gegeben. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Bodensteiner Klippen im FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat-Gebiet) Nummer 120 liegen. Das Gutachten des Niedersächsischen Landesamtes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz hat ergeben, dass das Gebiet den Erhaltungszustand "C" erhält. Dies bedeutet, dass der hier vorliegende Lebensraumtyp "Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation" durch die Kletterer stark beeinträchtigt wird und die Habitatfunktion gefährdet.

 Kletterspaß am Hauptturm
Kletterspaß am Hauptturm Foto:


Widerspruch der IG Klettern Niedersachsen


Die IG Klettern Niedersachsen hat gegen diesen Beschluss einen Widerspruch eingelegt. In diesem Bericht wird beschrieben, dass das Klettern als solches durchaus als Erholung und demzufolge auch als "gemeinverträglich" gelten kann. Hierzu wird auf den § 18 (Eingriffe in Natur und Landschaft) des Bundesnaturschutzgesetzes Seite 91 von 2001 verwiesen, hier heißt es: "Unter natur- und landschaftsverträglichen sportlichen Betätigungen sind sportliche Betätigungen wie Wandern, Klettern oder Kanufahren erfasst." Klettern sei hierbei also mit Aktivitäten wie Wandern und Kanufahren, bei denen der Erholungszweck nicht in Frage gestellt wird, gleichzusetzen. Aus diesem Grund müsse laut Angaben von Axel Hake, Vorsitzender der IG Klettern Niedersachsen, die Fachbehörde neu ermessen, "ob das Ausüben des Kletterns im speziellen Fall ausnahmsweise den Grad der unerheblichen Belästigung und damit die Grenzen der Gemeinverträglichkeit überschreitet, um daraus die Genehmigungspflicht herzuleiten."

Auch hinsichtlich der Gefahr für Leib und Leben bringt Axel Hake Gegenargumente. "Seit den 1920er Jahren wird bereits an den Bodensteiner Klippen geklettert, ich selbst klettere seit den 1980er Jahren und nie ist etwas passiert", betonte der Vorsitzende der IG Klettern Niedersachsen Axel Hake. Warum das Klettern also jetzt plötzlich eine Gefahr darstellen soll beziehungsweise aufgrund einer möglichen Gefahr ein Kletterverbot rechtfertigt, stößt bei der IG Klettern Niedersachsen auf Verwunderung. Auf die Bitte, eine Beweislage für einen Fall zu liefern, bei dem Wanderer durch herunterfallende Haken oder Felsbrocken geschädigt wurden, blieb laut Aussagen von Axel Hake unbeachtet.

Vergleich Goslar/Wolfenbüttel


Was den ganzen Konflikt natürlich verschärft, ist die Tatsache, dass die Felsen auf Seite des Landkreises Goslar beklettert werden dürfen. Nicht einmal 50 Meter liegen hier dazwischen. Zudem gehören beide Regionen dem selben FFH-Gebiet an und unterliegen folglich den selben Richtlinien, erklärt Axel Hake. "Warum also darf im Landkreis Goslar geklettert werden und im Landkreis Wolfenbüttel nicht?", fragt sich der Vorsitzende der IG Klettern Niedersachsen.

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abgesägter Gipfelhaken am Hauptturm Foto:


Auswirkungen


Aufgrund der genannten Argumente geht Axel Hake davon aus, dass zugunsten des Waldeigentümers Bernward Richert gehandelt und nicht aus objektiver Sicht entschieden wurde. "Dem Ansinnen des Grundeigentümers wurde nachgegeben", so der Vorsitzende der IG Klettern Niedersachsen. Gegen den Beschluss vom 03. Juni wird seitens der IG Klettern Niedersachsen ein weiterer Widerspruch eingelegt. Ob dieser Konflikt geschlichtet werden kann, bleibt abzuwarten. Die jüngst stattgefundenen Vorfälle, bei denen die Sicherungshaken von Hauptturm bis Bastei abgesägt wurden, waren der Situation zumindest nicht zuträglich.


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