Vogelexperte warnt: Billigfutter als Todesfalle

von Robert Braumann


Vögel brauchen im Winter unsere Unterstützung – doch sollte man einige Dinge beachten. Foto: Thorszen Readlein
Vögel brauchen im Winter unsere Unterstützung – doch sollte man einige Dinge beachten. Foto: Thorszen Readlein | Foto: Thorsten Raedlein



Braunschweig. Spätestens wenn in der kalten Jahreszeit die Temperaturen nachts weit unter den Gefrierpunkt fallen und auch tagsüber nur knapp darüber liegen, fangen viele Menschen an, sich um die bei uns im Winter anwesenden Vögel zu sorgen. Das Thema "Vögel füttern" rückt dann ins Bewusstsein. Doch dabei können einige Fehler gemacht werden.

Carlo Fuchs, Ornithologe und Leiter der NABU-Bezirksgeschäftsstelle Braunschweig, meint, es ist höchste Zeit sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und Futterplätze für die bei uns überwinternden Kleinvögel einzurichten. Das erst und auch ausschließlich bei Schneelagen gefüttert werden sollte, wie man früher zumeist empfohlen hat, ist laut Fuchs wissenschaftlich schon lange widerlegt. "Neueste Forschungen haben gezeigt, dass ein etwa sperlingsgroßer Vogel in einer kalten Nacht rund zehn Prozent seiner Körpermasse verliert", so Fuchs. "Gerade für Kleinvögel ist es daher überlebenswichtig, dass ein solch prozentual enormer Gewichtsverlust noch jeweils vor der nächsten Nacht ausgeglichen wird. In der nahrungsarmen Winterzeit sind Futterstellen, die den Vögeln bereits bekannt sind, natürlich eine wichtige Hilfe zum Überleben, denn eine aufwendige und möglicherweise ja auch wenig erfolgreiche Nahrungssuche würde ihre Energiereserven ansonsten schnell noch weiter reduzieren."

Unbedingt beachten


Allerdings weist der NABU auch darauf hin, dass man bei der Einrichtung von Futterstellen unbedingt einige Fehler vermeiden sollte. "Insbesondere die althergebrachten Futterhäuschen, in denen die Vögel herum hüpfen und auf das Futter koten können, bringen mehr Vögel `um die Ecke´, als über den Winter", so Fuchs. "Sie gehören deshalb entsorgt und durch moderne Futterspender ersetzt. Denn ähnlich wie auf dem ebensowenig empfehlenswerten sogenannten `Streufutter´ werden hier von Salmonellen bis Trichomonaden jede Menge tödlicher Krankheitserreger verbreitet. Und in beiden Fällen kann das Futter zudem von Regen oder Schnee durchnässt werden – beste Grundlage für die rasante Vermehrung von Bakterien und diversen Keimen." Der Experte rät zu Futterröhren, bei denen die Vögel nur von Sitzstangen aus Futter durch kleine Öffnungen aus einem Spender entnehmen können. Für Arten, die ihre Nahrung nur vom Boden aufnehmen, gäbe es spezielle Boden-Futtersilos. Beide Sorten krankheitsvermeidender Futterspender können auch in der NABU Geschäftsstelle erworben werden.

Höchstens etwas für Wildschweine


Genauso wichtig ist es laut NABU, dass kein Billigfutter gekauft wird. Es bestehe meist aus minderwertigsten Inhaltsstoffen und würde zumeist mit unverwertbaren Füllstoffen gestreckt, weiß Fuchs zu berichten. "Ein ganzer Eimer Meisenknödel für 4,99 Euro, an dem schlußendlich der Handel sowie vorher der Hersteller und dessen Zulieferer noch etwas verdienen – da kann nichts Gutes drin sein! Neben minderwertigsten Abfallfetten, eventuell sogar noch zusätzlich gestreckt mit Industrieabfallfetten, werden hier meist auch Füllstoffe wie Sägemehl, feine Sägespäne und Asche zusammengerührt. Wen wundert es da noch, dass solche üblen `Beton-Knödel´ selbst bei kältestem Winterwetter kaum angerührt werden. Von uns würde ja auch niemand ranziges Asche-Müsli mit Sägespänen essen. Darüber hinaus werden viele Körnermischungen mit Futterweizen gestreckt. Der ist billig, wird aber allerhöchstens von Kranichen oder Wildschweinen gefressen – beides Arten, die sich nicht unbedingt auf der Sitzstange eines im Garten oder am Haus aufgehängten Futterspenders einfinden.", so der Ornithologe. "Am schlimmsten jedoch ist, dass die nährstofflosen Füllstoffe in der Billigst-Discountware sogar eine tödliche Gefahr für die Vögel darstellen! Denn ein Kleinvogel, der in einer kalten Winternacht rund 10% seines Körpergewichts verloren hat, muss diesen Verlust natürlich dringend ausgleichen, um am Leben zu bleiben! Und Füllstoffe wie Sägespäne und Sägemehl haben nicht nur den Effekt, die Billigst-Futtermischungen zu strecken, sondern fatalerweise füllen sie den Vögeln auch den Magen, ohne ihnen jedoch Energie zu liefern – eine tödliche Falle!"

Gefahr für den Menschen


"Aber auch die eigene Gesundheit kann man durch den Kauf von Billigstfutter gefährden!", warnt Fuchs. "So legen wir in der NABU-Geschäftsstelle äußersten Wert darauf, dass unser zum Kauf angebotenes Vogelfutter nicht nur hochwertig und energiereich ist, sondern insbesondere auch Ambrosia-befreit. Denn die Beifuß-Ambrosie ist quasi in ganz Südost-Europa in den Sonnenblumen-Feldern verbreitet, so dass sich deren Samen unweigerlich zwischen den in aller Regel von dort stammenden preisgünstigen Sonnenblumenkernen befinden. Und bei Billigfutter wird es auch darin belassen und nicht aufwendig heraus gefiltert. Sogar das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) warnt in einem extra hierzu herausgegebenen Flyer wegen der hohen Allergiegefahr ausdrücklich vor mit Samen der Beifuß-Ambrosie verunreinigtem Vogelfutter."

Auch nicht gut für Vögel


Zwei weitere Dinge sollte man beim Füttern beachten: "Zum einen sind salzige Küchenabfälle, wie z. B. Salzkartoffeln, ebensowenig als Zusatzfutter geeignet, wie Brotreste, die im Magen der Vögel aufquellen, und dadurch eine weitere Nahrungsaufnahme verhindern. Und zum anderen sollte man die Futterröhren mit Körnerfutter nicht zu nah an den Futterstellen mit Fettfutter aufhängen, da relativ dominante Körnerfresser wie der Grünfink sonst die am Weichfutter interessierten Vogelarten kaum zum Zuge kommen lassen.", so Fuchs. Weitere Informationen erhält man unter www.NABU-Braunschweig.de oder direkt in der NABU-Bezirksgeschäftsstelle Braunschweig (Hochstr. 18, Besucherzeiten: Mo, Mi + Fr jeweils 16 - 18 Uhr).


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