Warnung vor dreisten Inkassodiensten


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Symbolbild: Archiv | Foto: Anke Donner



Braunschweig, Mehr als die Hälfte der Inkasso-Forderungen sind willkürlich und die Höhe der Gebühren ist oft unverhältnismäßig. Verbraucher werden durch unseriöse Inkassodienste massiv unter Druck gesetzt. Das ergab eine bundesweite Aktion der Verbraucherzentralen vom 1. Mai bis 31. August dieses Jahres, bei der 1.413 Beschwerden – davon 265 in Niedersachsen - zu Inkassodiensten erfasst und ausgewertet wurden.

Trotz gesetzlicher Verbesserungen ebbten die Anfragen in den Beratungsstellen nicht ab. „Gerade die hohe Zahl unberechtigter Forderungen zeigt, dass Verbrau- cher Rechnungen von Inkassodiensten stets hinterfragen und sorgfältig prüfen sollten“, sagt Mona Semmler, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale in Braunschweig. Bei den untersuchten Beschwerden stammte fast jede fünfte Forderung von einem Telekommunikationsanbieter. Geltend gemacht wurden auch Ansprüche aus Gewinnspielen, E-Mail-Diensten, Dating-Portalen und dem Versandhandel. In 56 Prozent der Fälle war keine Vertragsgrundlage für die Forderung zu ermitteln. „Inkassodienste sind nicht verpflichtet, die Ansprüche, die sie eintreiben, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Auch seriöse Inkassounternehmen verschicken deshalb immer wieder unberechtigte Forderungen“, sagt Mona Semmler. „Das ist ein gravierendes Problem und erklärt die auffällig hohe Zahl.“ Die Auswertung zeigte auch, dass die Berechnung der Inkasso- gebühren uneinheitlich ist. Für einfache und standardisierte Zahlungsaufforderungen sind die Gebühren oft unangemessen hoch. Bei Bagatellforderungen wachsen die Kosten dann unverhältnismäßig an.

Drohgebärden und vorformulierte Schuldanerkenntnisse


Nach wie vor bezahlen Verbraucher aus Angst und großer Verunsicherung heraus, obwohl sie unter Umständen dazu gar nicht verpflichtet sind. Immer wieder wird ihnen mit Schufa-Einträgen, Strafanzeigen oder Zwangsvollstreckung gedroht mit fatalen Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit. „Ärgerlich ist zudem, dass Verbraucher in eine Ratenzahlungsvereinbarung gedrängt werden. Häufig ist daran ein vorformuliertes Schuldanerkenntnis gekoppelt. Ein Trick mit dem Inkassodienstleister versuchen, sich eine Rechtsgrundlage zu verschaffen“, so die Rechtsexpertin.

Keine effektive Aufsicht


Stichprobenartig meldeten die Verbraucherzentralen Bayern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt auffällige Inkassounternehmen bei den zuständigen Auf- sichtsbehörden. Diese haben in keinem Fall eigene Maßnahmen eingeleitet. In vier Fällen erklärten die Gerichte ausdrücklich, dass sie mangels gesetzli- cher Grundlage nicht tätig werden können. „Es gibt durchaus geltende Gesetze. Die Aufsichtsbehörden setzen sie schlichtweg nicht um“, beklagt Mona Semmler. Auch bei ausländischen Unternehmen etwa mit Sitz in der Tschechischen Republik oder Konten in Rumänien findet keine Kontrolle statt. „Hier ist die Zuständigkeit tatsächlich un- klar mit dem Ergebnis, dass auch nichts unternommen wird“, so Semmler.

Regelungslücken schließen


Vor rund einem Jahr, am 1. November 2014, traten die neuen Regelungen für Inkassounternehmen im Rahmen des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft. Hierfür hatten sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen stark gemacht. Nach Ansicht der Verbraucherschützer hat das Gesetz positive Wirkung entfaltet, es gibt aber weiterhin politischen Handlungsbedarf. Das heute veröffentlichte Positionspapier des vzbv nennt wichtige Maßnahmen: So sollte etwa ein verbindliches Muster für die Darstellung der Pflichtinformationen eingeführt werden, damit Verbraucher einfacher prüfen können, ob die behauptete Forderung berechtigt ist. Gefordert wird zudem, die Aufsicht über Inkassounter- nehmen stärker zu bündeln. Darüber hinaus sollte die Höhe von Inkassokosten verbindlich geregelt werden, um willkürliche und überhöhte Gebührenforderungen der Inkassounternehmen zu verhindern.


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