Wen lassen Sie an der Kasse vor?

von Robert Braumann


Biertrinker haben es an der Kasse nach einer Studie deutlich schwerer. Foto: Robert Braumann
Biertrinker haben es an der Kasse nach einer Studie deutlich schwerer. Foto: Robert Braumann | Foto: Robert Braumann)



Braunschweig. Von Zeit zu Zeit kann im Supermarkt folgendes Phänomen beobachtet werden: Jemand der weiter vorne in der Kasse steht, lässt eine Person vor. Ziemlich ungewöhnlich, wenn dieses Verhalten aus Forscher-Sicht beleuchtet wird. Denn einmalige Interaktionen zwischen Fremden sind nicht durch die Aussicht auf eine Gegenleistung motiviert. Warum machen sich Menschen dennoch die Mühe und sind zuvorkommend in dieser Situation?

Florian Lange und Frank Eggert von der Abteilung für Psychologische Methodenlehre und Biopsychologie des Instituts für Psychologie der TU Braunschweig, machten sich auf die Suche nach Antworten. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift "Human Nature" der Springer-Verlag GmbH veröffentlicht. Die Forscher stellten fest, dass ein "Vorlassen" von zwei Variablen abhängt. So müsse sowohl das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Handlung passen dazu müsse der Eindruck, den der andere Kunde macht, passen. Die Forscher entwickelten dazu einen Feldversuch. Zwei Männer stellen sich jeweils 60 Mal in "Kassen-Schlangen" an. In 50 Prozent der Fälle hatten sie eine Wasserflasche dabei, bei den anderen Versuchen ein Bier. Es stellte sich heraus, dass die Testpersonen besonders dann vorgelassen wurden, wenn sie dadurch einen deutlichen Zeitgewinn erzielen konnten. Die Autoren erklären dies damit, dass potenzielle Helfer eher bereit sind zu kooperieren, wenn ihr Gegenüber dadurch einen möglichst hohen Nutzen hat. Sobald die Probanden jedoch eine Flasche Bier in der Hand hatten, fiel die Hilfsbereitschaft deutlich ab. Anderen Studien zufolge werden Biertrinker oftmals als verantwortungslos und charakterlos eingestuft. Die Autoren vermuten, dass die meisten Leute annehmen, dass Biertrinker anderen Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Gegenzug nicht helfen werden. Das Fazit der Forscher: Die Bereitschaft jemanden an der Kasse vorzulassen, hängt damit zusammen, welchen Eindruck man von seinem Gegenüber hat.

Die Studie wird als erster Schritt gewertet, um zu zeige, dass  Hilfe unter Fremden einem Modell indirekter Reziprozität folgt und dass die Feldversuch einen geeigneten methodischen Ansatz zur Untersuchung menschlichen kooperativen Verhaltens darstellt.

Quelle: Lange, F. et al (2015). Lange, F. et al (2015). Selective Cooperation in the Supermarket. Field experimental evidence for indirect reciprocity, Human Nature. DOI 10.1007s/s12110-015-9240-9


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